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Brennpunkt Neustadt - Schaut die Polizei hilflos zu? - Übertreiben die Anwohner? - Ist die Neustadt gefährlich?Kann die Polizei dem wachsenden Chaos in der Neustadt Herr werden, wenn ihre Patrouillen kaum den Unterschied machen? Wie lange können die frustrierten Anwohner den ständigen Lärm, die Gewalt und den florierenden Drogenhandel noch ertragen? Versteckt sich hinter den historischen Altbaufassaden ein Viertel, das längst außer Kontrolle geraten ist? Die Neustadt ist architektonisch mit ihren historistischen und Gründerzeitbauten wunderschön. Altbaufassaden zieren die Merseburger Straße, und Durchreisenden ist nicht auf den ersten Blick klar, wie aufgeladen die Situation in diesem Stadtviertel von Weißenfels ist. Oder vielleicht doch, denn mit dem Tagesende verändert sich das Straßenbild dort sehr. Vor den Häusern werden Campingstühle aufgestellt, und viele Hausbewohner machen den Gehsteig zu ihrem zweiten Wohnzimmer. Bis in die späten Abendstunden hinein wird dort laut gesungen, gesprochen, gestritten und Musik gespielt. In vielen Sprachen verständigen sich die Bewohner. Und wenn das schon die Dinge sind, die man als Durchfahrender beobachten kann, wie ist es erst dann, wenn man in der Neustadt wohnt? Seit geraumer Zeit fährt auch in den Abendstunden das Ordnungsamt und die Polizei präsent Streife. Sie versuchen, durch ihre bloße Anwesenheit etwas die Wogen zu glätten, doch nicht selten sind sie gerade an einem anderen Einsatzort, wenn es anderswo aus den Rudern läuft. Lärmende und randalierende Menschen sind im Neustadtpark fast täglich zu hören. Die Spuren am nächsten Morgen durch viele Glasscherben und Unrat zu entdecken. Die Anwohner sind frustriert und fühlen sich von der Polizei und den Ordnungsbehörden allein gelassen. Ihre Beschwerden werden bagatellisiert und mitunter gar als übertrieben, ausländerfeindlich oder streitsuchend dargestellt. Unmut macht sich breit, und die Anwohner sind es leid. Der schöne Altbaustadtteil verkommt mehr und mehr zu einem Drogenumschlagplatz und Ghetto. „Es macht keinen Spaß mehr, hier zu wohnen. Seit 30 Jahren wohnen wir in der Neustadt. Zuerst in der Merseburger Straße, seit einigen Jahren jetzt in der Weinbergstraße. Wir hatten immer viele Ausländer als Nachbarn, auch viele Hartz-IV-Empfänger, aber unsicher haben wir uns nie gefühlt. Erst in den letzten drei Jahren ist es so, dass ich mit Einbruch der Dunkelheit nur noch mit unserem großen Hund und einem Stock das Haus verlasse. Ich bin schon einige Male von jungen Ausländern angemacht worden. Ich habe Angst. Ihnen fehlt die Konsequenz durch die Polizei. Sie haben nichts zu befürchten, und das wissen die jungen Männer auch“, berichtet eine Anwohnerin. Die vor Ort gerufene Polizei nimmt nur die Personalien auf und erteilt Platzverweise, ruft ein Nachbar vom Fenster herunter. „Na, was sollen die auch machen? Wenn sie die mitnehmen, dann sind die doch spätestens am nächsten Früh wieder draußen, und dann kannst du dich warm anziehen, wenn du denen was wolltest. Es ist echt nur noch Scheiße. Vor zehn Jahren hatten wir hier auch Probleme, aber nicht solche. Klar, hier haben die schon immer Drogen vertickt, aber da hat die Polizei regelmäßig einmal Razzia gemacht, und dann war für eine Weile Ruhe. Heute sammeln die einen Drogen-Dealer ein, und vier Neue ploppen aus dem Boden auf, ohne dass du wirklich suchen musst. Wundert mich, dass wir nicht alle Nase lang irgendwelche Knallköppe mit Überdosis finden“, berichtet er weiter. „Ich wohne am Neustadtpark und bekomme jeden Tag den Drogenhandel mit. Das Schlimme ist, einige werden richtig schlimm unter dem Konsum von Crystal Meth und bedrohen Menschen. Das mittlerweile am helllichten Tag“, berichtet ein anderer Anwohner nahe des Neustadtparks. „Eine Frau wurde neulich am hellen Tag mit einem Baseballschläger im Bereich des Neustadtparks bedroht. Gestern Abend hatten sie wieder total laute Musik im Neustadtpark und Flaschen kaputt geschmissen. Wenn die Polizei kommt, sind diese natürlich ruhig, und ich stelle dann das Problem dar. Es gibt jemanden hier, der war schon mehrfach im Gefängnis, war gewalttätig mal wieder, und der ist immer noch auf freiem Fuß und betreibt Drogenhandel.“ Wenn man sich die Berichte der Anwohner der Neustadt anhört, fallen einem immer die gleichen Themen auf. Der soziale Brennpunkt der Neustadt hat sich von „sozial schwach“ hin zur Kriminalität verändert. Was vor einigen Jahren noch kleine Diebstähle waren, sind jetzt Drogenverkauf und Gewalt im großen Stil. Wer es kann, meidet die Neustadt, besonders am Abend und in der Nacht. Auch wenn die Polizei Streife fährt und läuft, sicherer wird die Neustadt dadurch nicht. Eine Vielzahl der Vergehen wird gar nicht mehr gemeldet, denn die Bevölkerung fühlt sich allein gelassen. „Mich macht es traurig, dass die Polizei mir nicht glaubt“, so ein Anwohner. „Was ich mal ziemlich extrem fand: Als ich in der Jüdenstraße in der Apotheke ein Medikament bestellt hatte, welches die Apotheke nicht vorrätig hatte, sagten sie zu mir, dass sie es erst am nächsten Tag ausliefern würden, weil der Auslieferer im Dunklen nicht die Neustadt anfährt, aus Angst“, so wie dieser Anwohner berichtet, dürfte es so manch anderem Neustädter auch ergehen. Aber wie kann man Abhilfe schaffen? Noch mehr Polizeipräsenz?Die jedoch ist schwer zu rechtfertigen, wenn keine Anzeigen erfolgen. Hartes Durchgreifen ist immer ein zweischneidiges Schwert. Schnell wird da von Polizeibrutalität gesprochen. „Verhaften und in den Knast, am besten dann abschieben, wenn die nicht von hier sind“ – das klingt nach einer guten Lösung, doch in der Umsetzung ist das schwer. Prozesse dauern Zeit, und das ist in allen Bereichen so, sowohl bei der Strafverfolgung als auch bei der Abschiebung. Also besser nichts tun und abwarten? Auch keine Lösung. Sicher, ein guter Ansatz wurde durch erhöhte Präsenz der Polizei und des Ordnungsamtes geschaffen, doch es reicht nicht nur, da zu sein; es „müssen empfindliche Exempel statuiert werden, sonst haben wir keine Chance“, so eine Anwohnerin und Geschäftsfrau der Merseburger Straße.„Ich schließe meinen Laden bereits um 16 Uhr, so dass ich nicht zu spät hier fortkomme. Dass ich dadurch Umsatzeinbußen habe, weiß ich, aber ich kann mir die Ladenmieten in der Innenstadt nicht leisten. Und meine Kunden wollen mich auch nicht woanders haben. Allerdings haben viele meiner Ladennachbarn, auch auf der gegenüberliegenden Straßenseite, aufgegeben. Hier sind uns auch schon die Scheiben zerkloppt worden. Einbrüche zwei- bis dreimal im halben Jahr, da hat man sich schon fast dran gewöhnt. Dass sie einem an die Fenster spucken, ist eklig, aber auch nichts Neues. Dass ich aber neulich von meiner Treppe einen riesigen Scheißhaufen wegmachen musste, der keinem Hund gehörte, war dann auch für mich etwas viel. Ich bin es wirklich leid. Wenn ich es nicht für die Kunden machen würde, hätte ich schon lange die Türe abgesperrt. Mein Zeug kriege ich anderswo auch verkauft.“ Ansatzweise könnte man prüfen, ob die Maßnahmen, die im Brennpunkt geschaffen wurden, um die Sicherheit und das soziale Gleichgewicht in der Neustadt zu gewährleisten, gegeben sind. Diese sind eine Reihe von alternativen Ansätzen, die über reine Repression hinausgehen. So zum Beispiel:
Eine ganzheitliche Herangehensweise, die Strafverfolgung mit Prävention, Integration und sozialer Unterstützung verbindet, ist der Schlüssel zur Lösung der Herausforderungen in sozialen Brennpunkten. Die bloße Anwendung von Repressionsmaßnahmen ist oft nicht ausreichend, um langfristige Erfolge zu erzielen. Stattdessen sollten Alternativen wie soziale Arbeit, Community-Policing, Mediation und präventive Programme gefördert werden, um die Ursachen von Kriminalität anzugehen und eine nachhaltige Verbesserung der Situation zu erreichen. Handlungsbedarf ist in der Neustadt dringend nötigWie die Strategie für den Brennpunkt Neustadt aussehen soll, werden wir recherchieren und zu gegebener Zeit veröffentlichen. Man kann den Anwohnern nur raten, sich nicht unnötig in Gefahr zu begeben, Vorfälle anzuzeigen und vorerst durchzuhalten oder sich nach einem anderen Wohnraum umzusehen. Leider sind das auch keine befriedigenden Ratschläge und Perspektiven, aber mehr kann man aktuell nicht bieten.Das Entschärfen des sozialen Brennpunkts Neustadt könnte helfen, doch das erfordert eine ganzheitliche Herangehensweise, die auf verschiedenen Ebenen ansetzt. Sowohl die strukturellen als auch die sozialen Ursachen von Problemen wie Kriminalität, Armut, Arbeitslosigkeit und sozialer Ausgrenzung müssen angegangen werden. Einige wichtige Strategien, die zusammenwirken können, um einen sozialen Brennpunkt nachhaltig zu entschärfen, könnten sein:
Ob und wie das unsere Politik lösen kann, ist schwer zu prognostizieren. Die ersten Versuche sind bereits vorhanden. Nun bedarf es nur Durchhaltevermögen und Konsequenz, um die Neustadt wieder zu einem schönen Wohnraum zu gestalten. Verfasser: Carla Kolumná | 21.08.2024 |
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