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Warum demonstriere ich mit über 70 Jahren in Berlin für den Erhalt des Friedens auf unserer Erde


Sehr geehrte Freunde, schon lange wollte ich wieder einmal meine Meinung äußern. Gerade in Anbetracht der sich immer weiter steigernden "Kriegslüsternheit" in den öffentlichen Medien und bei unseren Politikern halte ich das für dringend geboten. Wir sind regelrecht verpflichtet, uns zu äußern, um für unsere Kinder und Enkel den Frieden zu bewahren. Meine Frau und ich möchten, dass nicht nur unsere Kinder und elf Enkelkinder, sondern auch die Kinder in anderen Ländern wie der Ukraine, Russland oder gar im Nahen Osten in Frieden, Freundschaft und gegenseitiger Achtung aufwachsen. Anbei im Anhang meine derzeitigen Gedanken.



Vor wenigen Jahren hatte ich die Ehre – so fasse ich es jedenfalls auf – als Erster mit meiner Meinung in der Bürgerstimme genannt zu werden. Obwohl die Demonstration für den Frieden am 3. August in Berlin nun schon einige Zeit zurückliegt, lässt mich das Erlebte einfach nicht los. Immer wieder kehren meine Gedanken zu diesem Tag zurück.

Die Frage nach dem Sinn

Ich frage mich: „Warum tue ich mir das alles an? Du fährst durch die Gegend, um mit anderen Leuten auf großen Demonstrationen für den Erhalt des Friedens einzutreten?“ So ging es mir auch an diesem Mittwoch bei der Friedensdemo in Weißenfels. Sie war von den Organisatoren gut vorbereitet, und der eindeutige Wille zum Frieden in Europa kam klar zum Ausdruck. Die Mehrheit der Menschen interessiert sich, so scheint es mir, recht wenig dafür. Das schließe ich jedenfalls aus der geschätzten Teilnehmerzahl von 150 Personen. Ich denke, Frieden wächst nicht von selbst und muss stets errungen werden.

Medien und Wahrheit

Ja, der Gedanke an den Krieg in der Ukraine begleitet uns mittlerweile schon über zwei Jahre jeden Tag in den Medien. Doch das, was in den öffentlichen Medien berichtet wird, ist nicht die Wahrheit. Es ist die Wahrheit, wie sie uns Bürgern dargestellt und vermittelt wird und wie wir sie glauben sollen. Mein viel zu früh verstorbener Vater sagte schon zu DDR-Zeiten immer zu uns Jungs – also meinem Bruder und mir: „Jede Medaille hat zwei Seiten, und die wichtigsten Dinge stehen oft auf dem Rand.“ Wie recht er damit hatte. Nur wenige westliche Politiker schauen auf beide Seiten oder gar auf den Rand der Medaille der Weltpolitik.

Ein berührendes Video

Am 6. Mai erhielt ich auf meinem Smartphone ein Video, das mich zutiefst berührte, denn es erinnerte mich stark an meinen Vater. Ein junger ukrainischer Soldat hatte dieses Video an seine Mutter geschickt. Auf dem Bildschirm war ein junger Mann, geschätzt 18 bis 20 Jahre alt, in Kampfausrüstung der ukrainischen Armee zu sehen. Sein junges Gesicht sah sehr müde aus. Mit leiser und resignierter Stimme sprach er zu seiner Mutter und berichtete ihr kurz über seine Erlebnisse, seine Gefühle und seine Gedanken zur Sinnlosigkeit des Kämpfens. Er sagte, dass er sich nach seinem Zuhause, nach ihr, nach seiner Mutter sehne. Seine letzten Worte im Video waren: „Mamotschka, ja tebje otschen ljublju“ – „Mama, ich liebe dich so sehr.“

Erinnerungen an den Vater

Unvermittelt musste ich bei diesem Bild an ein Bild meines Vaters denken. Er war damals, im Jahr 1944, genau so alt wie dieser junge Soldat heute. Gerade einmal 20 Jahre alt, und mein Vater hatte auf den wenigen Bildern aus dieser Zeit genau diesen traurigen, besonderen Blick. Vor genau 80 Jahren wurde er im Mai 1944 an der Ostfront, zwischen Staraja Russa und Pskow, schwer verwundet. Im Feldlazarett konnte man ihm nicht helfen, jedoch war er zu seinem Glück transportfähig. Mit dem Sanitätswagen wurde er gemeinsam mit einigen Kameraden tagelang über holprige Straßen Richtung Westen gefahren. Später wurden sie in Züge verladen und die tagelange Fahrt ging weiter.

In Alzey bei Mainz fand die Fahrt nach über 2000 Kilometern ihr Ende. Über drei Monate wurden seine zahlreichen Verletzungen behandelt. Danach brachte man ihn nach Göttingen, und in weiteren zwei Monaten wurde seine – wie Herr Pistorius heute sagen würde – „Kriegstauglichkeit“ wiederhergestellt. Es folgte der erneute Marschbefehl an die Ostfront zu seiner Einheit in der 21. Luftwaffenfelddivision.

Letzte Begegnungen

Auf der langen Fahrt an die Ostfront hatte er das unwahrscheinliche Glück, kurz seine Heimat bei Oppeln, heute Opole, besuchen zu dürfen. In seinem Heimatort Biadacz, damals Kreuzwalde, sah er zum letzten Mal seine Schwester Maria. Sie wurde ein halbes Jahr später, im März 1945, beim Terrorangriff von anglo-amerikanischen Bombern auf Oranienburg durch den Luftdruck einer Luftmine aus dem Fenster geschleudert und getötet. Sein Bruder Josef starb vermutlich 1945 in den Trümmern der zur Festung erklärten Stadt Breslau. Sein Leichnam wurde nie gefunden. Auch seinen Vater sah er nie wieder. Dieser verstarb an den Folgen der Schwindsucht im Jahr 1946.

Bereits 1942 hatte sein Bruder Paul bei Sinjawino, am südlichen Ufer des Ladogasees, sein junges Leben verloren.

Grauen an der Ostfront

Als mein Vater im November 1944 bei seiner Einheit eintraf, begannen die vielen Schlachten, die als Kurlandschlachten in die Kriegsgeschichte eingehen sollten. Seine Erlebnisse waren so schlimm, dass er meinem Bruder und mir nur sehr wenig darüber erzählen konnte – und wenn, dann nur stockend. Die Gefechte waren so heftig, dass sie manchmal tagelang ihre Gräben und Stellungen nicht verlassen konnten. Er berichtete, dass von einer neu aufgestellten und ins Gefecht geschickten Kompanie am Abend nur noch etwas mehr als 30 Soldaten lebten. Einmal waren er und seine Kameraden drei oder vier Tage in einem Granattrichter gefangen. All seine Kameraden wurden zerfetzt und starben eines elendigen, einsamen Todes. Er musste das alles mit ansehen. Weder er noch andere Kameraden konnten ihnen helfen, geschweige denn sie retten. So sehr er zu Gott betete, musste er ohnmächtig zusehen, wie sie langsam und qualvoll starben. Ja, man kann sagen, sie verreckten.

Kriegsgefangenschaft und Rückkehr

Am 8. Mai 1945 ging er mit den wenigen Überlebenden in der Nähe der Stadt Frauenburg, heute Saldus, in Gefangenschaft. Was er jetzt erlebte, das war noch einmal die Hölle auf Erden. Sie hatten zwar die Kämpfe überlebt, doch die Qualen des Hungers setzten das Sterben fort. Unterwegs, egal ob sie marschierten oder aus dem Waggon aussteigen mussten, um ihre Notdurft zu verrichten, alles, was grün und einigermaßen essbar war, wurde in den Mund gestopft und verschlungen. Geraucht wurde trockenes Gras oder irgendwelche Blätter – nein, kein Hanf – mit Zeitungspapier als „Papirossi“, nur um den Hunger zu bekämpfen.

Über seine Erlebnisse im Gefangenenlager erzählte er uns Jungs ebenfalls nur wenig. Das Essen bestand in der Regel aus dünnen Suppen und trockenem Brot – jedoch in solchen Mengen, die keinesfalls satt machten. Ich erinnere mich noch gut daran, dass er stets, wenn es bei uns selbstmarinierten Salzhering gab, die Gräten mit verspeiste. Ihre Lage als Gefangene besserte sich erst, als sie zum Bau von Erdhütten und Holzhäusern in den Ortschaften um das Gefangenenlager eingesetzt wurden. Zu diesem Zeitpunkt sahen sie das Elend der Bevölkerung noch einmal mit anderen Augen. Mitunter hatten sie als arbeitende Gefangene manchmal sogar etwas mehr zu essen als die Frauen, alten Männer und Kinder. Diese gemeinsame Arbeit führte zu einem Umdenken bei meinem Vater. Er, der als Schütze mit seinem MG 42 in den drei Jahren Krieg sicher mehrere hundert, vielleicht gar tausend Söhne dieser Menschen an der Front getötet hatte, teilte jetzt nach gemeinsamer Arbeit vorbehaltslos das Essen mit diesen Menschen.

Im November 1949 kehrte er aus der Gefangenschaft zurück. Doch wohin? Seine Heimat Schlesien gehörte jetzt zur Volksrepublik Polen. So kam er nach Merseburg, denn das Rote Kreuz hatte hier einen seiner Brüder ausfindig gemacht. Erst Mitte der 50er Jahre konnte er seine Mutter und die Familie seines Bruders in Biadacz erstmals wieder in die Arme schließen. Seine vier Brüder, die den Krieg überlebt hatten, erlitten ebenfalls schwere Schicksale. Sie waren jetzt über ganz Deutschland und die Volksrepublik Polen verstreut.

Die Frage nach der Zukunft

Ich frage mich nun: Wollen wir das heute auch alles einmal so erleben? Sollen sich diese Tragödien in noch schlimmerer Art und Weise wiederholen? Wollen wir das unseren Kindern und Enkeln antun, uns erneut in einen Krieg hineintreiben zu lassen?

Ich sage klar und deutlich: „Nein, das will ich nicht.“

Erinnerungen an die eigene Zeit

Während meiner Armeezeit 1973/74 habe ich die moralische Wirkung der damaligen Schützen- und Artilleriewaffen auf den verschiedensten Truppenübungsplätzen erlebt. Gleichzeitig habe ich in meiner Dienstzeit als freiwilliger und Berufsfeuerwehrmann genug Tote und Schwerstverletzte gesehen, deren Schicksal sich tief in mein Gedächtnis eingebrannt hat.

Am schlimmsten waren die Augenblicke, als ich das tote Zwillingspärchen Nico und Nicole fand. Sie wurden von ihren Eltern im Kinderzimmer eingeschlossen und erstickten elendig im Brandrauch. Ihre auf dem verrußten Glas der Tür abrutschenden Hände treiben mir noch heute Tränen in die Augen. Unvergessen ist auch der tödliche Unfall zweier Jugendlicher. Der leichtsinnig verursachte Unfall geschah aufgrund der hohen Geschwindigkeit des Autos so schnell, dass die beiden – Mandy und Alexander – ihren Tod nicht einmal erahnen konnten.

Nein zum Krieg

All diese Dinge sind in Friedenszeiten geschehen. Sie sind schlimm genug.
Was soll erst bei einem Krieg geschehen?
Nein, niemals wieder Krieg!


Verfasser: Hans-Uwe Prudlik  |  27.09.2024

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