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Die Mär vom Wolf - Region des Burgenlandkreises uninteressant


In alten Zeiten warnte man die Menschen vor dem großen grauen Isegrim. Und jedes Kind kann die Geschichte vom Rotkäppchen oder den sieben armen Geißlein, die vom bösen Wolf gefressen werden, wiedergeben.



Historischer Kontext und Rückkehr des Wolfes

Früher gehörte der Wolf in unser Land, er war in den Wäldern, riss Rot- und Schwarzwild und betrieb so Forstpflege. Nur selten folgte der Wolf dem Menschen in seine Siedlungen oder riss das Vieh von den Weiden. Die Bauern der alten Zeit wussten sich dahingehend zu helfen, dass sie ihre Schafe, Kühe und Pferde in die Ställe holten und die Wanderschäfer entschädigten, wenn doch mal Tiere vom Wolf gerissen wurden.

Dennoch bejagte man den Wolf stark. Der letzte Wolf wurde 1835 in Deutschland geschossen, und seine Existenz war nur noch eine Mär. Seit dem Jahr 2000 erobert sich der Wolf den Lebensraum Deutschland wieder zurück. Was dem Wolf aber keiner gesagt hat: Auch der Mensch war in 165 Jahren nicht untätig. Er hat Städte und Dörfer vergrößert, Industrien angesiedelt, Weiden und Landwirtschaftsflächen ausgeweitet und den Wald in großen Teilen der Bundesrepublik verkleinert. Dadurch ist der natürliche Lebensraum des Wolfes beschränkt.

Einfluss der Landwirtschaft auf den Wolf

Veränderungen in der landwirtschaftlichen Fruchtfolge und der vermehrte Anbau von Mais helfen, den Bestand an Schwarzwild zu erhöhen. Dieses bildet im Idealfall neben Rehen die Hauptnahrungsquelle. Erst wenn diese knapp werden, begnügt sich der Graupelz mit Dam- und Rotwild und geht in den seltensten Fällen auch an Haustiere.

Podiumsdiskussion „Blickpunkt Wolf“

Aber mal ganz von vorne: Am 8. August hatte die Landtagsabgeordnete der CDU für den Bezirk Weißenfels, Teuchern und Lützen, Frau Elke Simon-Kuch, zu einer Podiumsdiskussion zum Thema „Blickpunkt Wolf“ eingeladen. Die Redner der Veranstaltung, die durch Frau Simon-Kuch moderiert wurde, waren Alexander Räuscher, wolfspolitischer Sprecher der CDU im Landtag Sachsen-Anhalts, Dr. Ekkehard Wallbaum, Ministerialrat für Naturschutz, Wasserwirtschaft, Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt, sowie Michael Unger vom Wolfskompetenzzentrum Iden (WZI) für das Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt.

Unterschiedliche Perspektiven zur Wolfsfrage

Schnell zeigte sich, dass es zwei Lager zum Thema Wolf gibt, der nunmehr auch in Sachsen-Anhalt zu Hause ist. Das große Pro-Wolf-Lager wird durch das Wolfskompetenzzentrum Iden angeführt. Dieses durch das Landesamt für Umweltschutz finanzierte Zentrum hält sich in vier Punkten an die Prämisse, der Wolf müsse durch begleitende fachliche Unterstützung in seiner natürlichen Wiederansiedlung gefördert werden. Dazu sei es wichtig, Öffentlichkeitsarbeit zu leisten und dem Wolf ein positives Bild zu geben. Zudem wäre es notwendig, die Verbreitung und Reproduktion der wilden Tiere zu dokumentieren und dazu regelmäßig Auskunft zu geben. Weiterhin werden hier im sogenannten Monitoring alle wichtigen und erheblichen Zahlen an die EU gemeldet. Weiter sei es die Aufgabe, Gutachten zu erstellen, wenn ein Nutztierriss stattgefunden habe, und der Herdenschutz sei beratend und unterstützend ein letztes Aufgabenfeld.

Unger führte dazu aus, dass das Monitoring Angaben zur Ausbreitung und Größe der Population ausweise. Diese Berichte werden alle vier Jahre (nach §11 FFH-Richtlinie) an die EU gereicht. Man weise aktive Rudelterritorien und Suchräume von Einzeltieren aus, hier werde intensiv nach den Beständen der Raubtiere gesucht, mit Hilfe von Fotofallen oder auch durch Losungsproben, DNA-Nachweise und auch durch Beobachtungen von Landwirten, Spaziergängern oder Jägern. Zudem gäbe es flächendeckend ein passives Monitoring. Hier werde nicht nach Tieren gesucht, Meldungen aber sehr ernst genommen und diesen mit Nachdruck nachgegangen.

Der Wolf sei in drei territorialen Regionen zu bewerten. In der maritimen Region (Niedersachsen, Mecklenburg, Hamburg, Bremen) sei der Wolf anders verbreitet als in der alpinen oder, unsere Region betreffend, der kontinentalen Region. Wir hätten in Sachsen-Anhalt eine zentraleuropäische Flachlandpopulation, und diese sei in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg zu finden.

Die 27 Rudel, 5 Paare und drei Einzeltiere seien größtenteils im nördlichen Sachsen-Anhalt oder im Harz angesiedelt. Die Region des Burgenlandkreises sei für die Tiere uninteressant, und „aufgrund der großräumigen Aktionsradien werden Wölfe auch außerhalb bekannter Vorkommen wahrgenommen. Besonders interessant waren in diesem Monitoringjahr 2022/23 die Nach- und Hinweise aus der Region nordöstlich von Halle/Saale sowie im Süden Sachsen-Anhalts in der Region um Zeitz. Hierbei handelte es sich um vereinzelte Sichtungsmeldungen, teilweise per Foto oder Video C1-belegt, und um zwei Totfunde vermutlich wandernder, subadulter Individuen auf der BAB 14 bei Löbejün bzw. auf der B 100 bei Hohenthurm. Beide Funde zeigen erneut, dass die Wölfe regelmäßig versuchen, den Ballungsraum Halle-Leipzig auf ihren Wanderungen zu durchqueren.“

Herdenschutz und Präventionsmaßnahmen

Hier sei es wichtig, besonders im Herdenschutz den Hauptaugenmerk für die Region zu legen. Man wolle den Landwirten Beratung zum wolfabwehrenden Herdenschutz geben und nach Sichtungen mit Notfallsets (bestehend aus Netzen, Elektrozäunen und Stromgeräten) helfen. Weiterhin seien Zaunbauschulungen und Förderprogramme für Pferde- und Rinderhalter eingerichtet, damit hier ein Herdenschutz stattfinden kann. Es gäbe Förderungen für Stromzäune und die entsprechenden Stromgeräte. Diese gelten für Haupterwerbszüchter von Schafen, Rindern, Pferden, Hauseseln, Damwild, Lamas und Alpakas. Zudem werden die Unterhaltskosten für Herdenschutzhunde gefördert.

In der Rissbegutachtung habe man in Sachsen-Anhalt auch zu berücksichtigen, ob eine Herde ein Minimum an Schutz vor dem Wolf habe.

Mindestschutz Übergriffe Tote Tiere
vorhanden 10,7 % 17,7 %
nicht vorhanden 50,7 % 44,2 %
irrelevant 18,7 % 5,4 %
unklar 20,0 % 32,7 %


Aktuelle Herausforderungen und politische Diskussion

Man habe im Burgenlandkreis im März 2023 einen Wolfsriss von drei Schafen im Gebiet Elsteraue nachweisen können, sei sich aber sehr sicher, dass es sich hierbei um einen wandernden Jungwolf handle, der auf der Suche nach einem eigenen Revier sei. Dies mache man auch daran fest, dass es ein einmaliger Riss sei und ein territorialer Wolf, wenn er einmal gerissen habe, wieder zuschlagen würde.

Seit dem Jahr 2000 gibt es ein von Menschen initiiertes Auswilderungsprogramm von Luchsen im Harz, und bis 2021 hat sich der Luchs erfolgreich ohne Eingriffe von außen in diesem Revier behaupten können. Einzelne Wölfe mieden das Gebiet des Harzes von allein, doch nun sind zwei Rudel mehrfach im Harz gesichtet worden. Ob und wie sich Luchs und Wolf arrangieren, wird sich zeigen. In den Rudeln oder bei einzelnen Zuchtpaaren wurden in den ersten Jahren bis zu 8 Welpen gesichtet, von denen aber zumeist nur 3-4 aufgezogen wurden. Nun sind es höchstens vier Jungtiere, die jährlich aufgezogen werden. Jährlich ist ein Wachstum um ca. 75 Wölfe in Sachsen-Anhalt zu verzeichnen.

Der zweite Redner, Alexander Räuscher, gab Folgendes zu bedenken: Das Land Sachsen-Anhalt hat 20.600 km², und man müsse sich Folgendes vor Augen halten: Je 1.000 km² leben in Sachsen-Anhalt 12 Wölfe. In Ländern wie Kanada sind es 5 Wölfe auf 1.000 km², in Schweden sogar nur 1 Wolf. Diese Unterschiede kommen durch zwei Faktoren zustande: Kanada ist ein natürlicher Lebensraum, die Regulierung der Bestände erfolgt durch natürliche Faktoren. Nahrungsangebote und territoriale Aspekte sind hier besonders zu beachten, und weiterhin gibt es in diesen Ländern die Bejagung des Wolfes. In Schweden beispielsweise werde jährlich 1/3 des Bestandes abgeschossen. In Sachsen-Anhalt hat man mit den 12 Wölfen auf 1.000 km² eine Überpopulation, die uns „auf lange Sicht auf die Füße fallen könnte“. Etwa die Hälfte der Tiere ist mit Räude infiziert, und die Akzeptanz des Wolfes in der Bevölkerung sinkt stark ab, die Meldungen von Rissen steigen, man müsse dringend handeln.

Zukunftsperspektiven und politische Maßnahmen

Klar müsse man Beschlüsse fassen, wann „es genug ist“. Die Prüfungen dazu seien zu selten. Die politische Agenda muss lauten, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen, um ein sinnvolles Wolfsmanagement zu erreichen. Dazu muss der Schutzstatus des Wolfes herabgesetzt werden. 26 andere EU-Mitgliedstaaten haben sich für die Herabsetzung des Schutzstatus ausgesprochen. In den EU-FFH-Richtlinien muss der Wolf aus dem Anhang IV in Anhang V überführt werden, sodass der Wolf in Deutschland bejagbar wird und die Bestände auf kontrollierbare 1 Wolf/1.000 km² reduziert werden können. Nur so könne man ein „vertrauensvolles Zusammenleben mit dem Wolf ermöglichen“.

Auf die Nachfrage eines Zuhörers, wie diese 1 Wolf auf 1.000 km² denn realisiert werden solle, gab Räuscher an, dass man natürlich schwer gewachsene Rudel nicht komplett auflösen wolle. Der Schutz der Wildtiere sei ihm als Jäger natürlich auch wichtig, aber man könnte wolfsfreie Zonen einrichten, in denen zum Beispiel die fast ausgerotteten Wildschafe (Muffelwild) geschützte Bereiche erhalten, um deren Bestände zu sichern, die gern vom Wolf gerissen werden. Auch könnte man stark bewohnte Gebiete wolfsfrei halten und dem Wolf Biotope, zum Beispiel auf Truppenübungsplätzen, einrichten.

Wallbaum warf ein, dass man hier allerdings auch im Auge behalten müsse, dass Inzucht in den Populationen und Inselrudeln ausgeschlossen werden sollte. Die Kriterien, die in der EU gelten, sind aktuell gut erfüllt, der Bestand aber noch nicht sicher. Die Frage nach Schnellschussregelungen lehne er ab, denn dies klinge für ihn nach „wildem Rumgeballer“, und das könne auch mit territorialen Besonderheiten nicht der Weg sein. Sichtungen von Wölfen im Burgenlandkreis seien nur ziehende Jungwölfe, die von Sachsen in Richtung Niedersachsen wollen und sich hier „rückstauen“. Der Erhaltungszustand der kontinentalen Region sei gut, jedoch nicht so gut, dass man die Population steuern müsse. Es sei „keine Notwendigkeit, den Bestand der Wölfe im Sinne des Herdenschutzes im Land stark oder überhaupt zu reduzieren.“ Dass jedoch die Hobbyhalter nicht in den Entschädigungen enthalten sind, sieht er als änderungswürdig an.

Räuscher fand dies jedoch zu wenig und hakte nach. Die Frage der Populationssteuerung müsse über Grenzen und Bundesländergebiete hinaus festgelegt werden.

Die Nachfrage, ob auch Hybride zwischen Wölfen und Haushunden, die frei in den Wäldern leben, mit erfasst werden, konnte von Unger dahingehend beantwortet werden, dass man, sofern man Hybride nachweisen kann, diese auch der Natur entnimmt (sprich: schießt). Inwieweit alle Hybride erfasst werden können, ist fraglich, denn auch die Populationszahlen, die im Monitoring gelistet werden, sind nur so präzise, wie die Zählungen in Form von Losung, DNA, Sichtungen und Fotofallen sind. Wenn ein Wolf all diesen Versuchen entgeht, bleibt er ungezählt; ähnlich ist es auch mit den Hybriden. Nicht jeder ist gleich zu erkennen, sodass man auch hier lange braucht, zuletzt ganze zwei Jahre, bis man ein Tier mit Sicherheit als Hybriden deklariert und abschießt.

Abschlussbetrachtungen und Ausblick

Der Bundesjagdverband hat seine Zusammenarbeit im Wolfsmanagement in seinen überarbeiteten Handlungsrichtlinien dem Ministerium für Naturschutz bereits übermittelt. Aktuell ist es Jägern nicht gestattet, selbst verunglückte Tiere zu erlösen. Dies ist in der Regel durch die Polizei zu gewährleisten. Erst wenn diese das ablehnt, kann in Rücksprache mit dem WZI ein Jäger oder Revierförster das Tier schießen. Dies sei aber keinesfalls eine Trophäe, die einen Jäger reize. Ein Reh könne man ja wenigstens noch in die Röhre schieben, aber einen Wolf, der muss entsorgt werden und bedeutet viel Papierkram, nichts, was ein Jäger gern schießt, versicherte Räuscher, der selbst Jäger ist.

Herr Löber von der Rinderallianz trug die Forderung vor, die er ausdrücklich nicht als Wunsch verstanden haben wollte, vieler Rinder-, aber auch Schaf- und Pferdezüchter, dass der Wolfsbestand endlich reguliert werden müsse. Der „Druck auf dem Kessel“ müsse endlich raus. Der Wolf ist nicht mehr auf der „Roten Liste der bedrohten Arten“. Diese Information müsse doch das Bundesministerium für Natur und Umwelt endlich einmal ernst nehmen.

Im Jahr 2023 wurden zwischen 15.000 und 30.000 € Entschädigung für nachgewiesene Wolfsrisse in Sachsen-Anhalt ausgezahlt. Die Präventionsmaßnahmen kosteten Sachsen-Anhalt im letzten Jahr 400.000 €.

In den nächsten zwei Jahren wird die Summe der Präventionsmaßnahmen bundesweit die 200.000.000 €-Grenze erreichen. Ein Wolf kostet jährlich an Sach- und Personalkosten 10.200 €.

Reh- und Rotwild wird in der Forstwirtschaft als Schadwild angesehen, da der Forst umgebaut werden soll. Hier ist ein Abschuss problemlos möglich, sofern die Schonzeiten eingehalten werden. Das weiß jeder Jäger, der ja, um den Jagdschein in Deutschland zu erhalten, das sogenannte „Grüne Abitur“ ablegen muss. Der Wolf hingegen, der sich als wirklicher Schädling in der Kulturlandschaft entwickelt, steht in einem rechtsfreien Raum. Der Wolf wird dem Menschen mehr und mehr furchtlos, da die Tiere gelernt haben, dass vom Menschen keine Gefahr ausgeht. Wildschweine versuchen, die Begegnung mit dem Menschen zu meiden, da sie gelernt haben, dass ohne Vorwarnung ein Schuss von irgendwoher kommt und ein Rottenmitglied fehlt. Dem Wolf fehlt diese Erkenntnis.

Solange jeder Abschuss eines Wolfes als illegal gilt und einen Straftatbestand im Bezug auf einen Verstoß gegen das Schutzrecht des Tieres darstellt, was jedem Jäger die Lizenz kostet und ein saftiges Bußgeld nach sich zieht, kann keine Regulierung stattfinden.

Die Nachfrage, wohin die Tendenz geht, wurde von Wallbaum dahingehend beantwortet, dass man aktuell etwa 240 Wölfe habe und sich das Maximum um die 400 Tiere einpegeln dürfte. Dies könnte jedoch ebenso Wunschdenken sein wie die Tatsache, dass man ohne Regulierung keine Verlässlichkeit dieser Höchstgrenzen sicherstellen kann.

Der Wolf, der als Kulturfolger mehr und mehr zu einem Problem wird, muss mit einer Obergrenze festgelegt werden. Die Mythen, die über den Wolf in alter Zeit in die Märchen eingeflossen sind, kommen ja nicht von ungefähr.

Unger gab noch einmal mit Nachdruck zu verstehen, dass der Wolf menschenscheu ist und Sichtungen meist von jungen und unerfahrenen Jungwölfen erfolgen. Die Erfahrungen der letzten Jahre sind jedoch ganz andere, warf ein Landwirt ein. Wahrscheinlich muss erst ein Kind angefallen werden, bevor man erwacht, aber dann ist das Geschrei groß.

Die Mär vom Rotkäppchen könnte also gar nicht mehr so weit weg sein. Die Geißlein werden ja in vielen Orten Deutschlands schon zum Futter für den großen Grauen. Es bleibt abzuwarten, wie sich dieses kontroverse Thema entwickelt.

Bitte melden Sie ALLE Wolfssichtungen:
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Notfallnummer: +49 162 3133949

Quellen:
1. Aktueller Monitoringjahresbericht des Wolfes
2. Zusammenfassung Wolfsvorkommen
3. Seltene Tiere - Monitoringjahr 2022/23

Verfasser: Nadja Laue  |  09.08.2024

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