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Wie gefährlich freies Denken sein kann - Fahnenappell in Aschersleben unter Leitung der Direktorin Colette Rink


Ein starkes Ereignis der besonderen Art hielt die bescheidene Gemütlichkeit der Ascherslebener Bürger am 28.10.2024 in Atem, als die unerschütterliche Direktorin Colette Rink beim abendlichen Fahnenappell zu neuen, ungeahnten Erkenntnissen über die Gefahren des freien Denkens gelangte.


Unter dem Abendhimmel, der den Moment der Erleuchtung feierlich erleuchtete, vermittelte Frau Genossin Rink mit Nachdruck, dass der wohl gefährlichste Feind des modernen Menschen keineswegs in Form von marodierenden Protestlern oder gar auswärtigen Einflüssen daherkommt – sondern in seinem eigenen Kopf lauert.

In einer Rede, die man wohl als Glanzstück neubürokratischer Selbstentfaltung bezeichnen darf, erklärte Direktorin Rink, dass es, im Sinne einer angstfreien Gesellschaft, nun unabdingbar sei, sich strikt von eigenen Gedanken zu befreien. „Freie Gedanken – ja wo kämen wir denn da hin?“, rief sie mit der Schärfe einer Lehrerin, die weiß, was auf dem Lehrplan steht, und das auch in der siebten Stunde kurz vor den Herbstferien. „Wahre Freiheit liegt darin, die richtige Meinung zu haben und nur die richtige!“

Wer diese Vorschrift ignoriert, werde selbstverständlich, so führte Vorzeigeagitatorin Rink weiter aus, in aller Vollkorrektheit und mit staatsbürgerlicher Präzision bestraft. So sei Meinungsfreiheit nicht etwa abgeschafft, sondern auf sinnvolle Weise kanalisiert worden: Die eigenen vier Wände bieten schließlich genügend Raum, um persönliche, „wilde Gedanken“ hinter der Gardine äußern, so lange man es noch nicht vermochte, sich von eben diese wilden und überaus gefährlichen Gedanken zu befreien.

Demokratie ist kein Wunschkonzert! Die Regeln machen wir!


Neben der scharfsinnigen Mahnung an das Volk, im Interesse der eigenen Sicherheit seine inneren Stimmen zu ignorieren, würdigte Colette Rink eine herausragende Vorkämpferin im Dienste der staatlichen Ordnung: die örtliche Zeitungs-Genossin, die sich in ihren Artikeln entschieden gegen die rechten Umtriebe in Aschersleben positioniert, ohne mit diesen auch nur ein Wort zu wechseln. Verdienterweise sollte diese Heldin der richtigen Gesinnung mit dem Karl-Eduard-von-Schnitzler-Preis bedacht werden – eine Ehrung für journalistische Verdienste, die bereits zu DDR-Zeiten Ruhm und Ehre versprach und im heutigen Kontext wohl nicht weniger glanzvoll strahlt.

Großes Lob an die Kreisleitung des Salzlandkreises

Auch die Kreisleitung wurde in Genossin Rinks Ansprache feierlich gelobt, hatte sie doch die unangemeldeten Demonstrationen rigoros per Verordnung verboten. Das ist kein Freiheitsentzug, das ist Schutz – vor allem vor den eigenen Gedanken! Wie weise! Dieses Verbot wird als "fabelhaft" angesehen und kann von https://www.salzlandkreis.de/media/19579/amtsblatt-nr-46.pdf heruntergeladen werden.

Vollkommen zurecht wird dieses Verbot damit begründet, dass sich bei bisherigen Spaziergängen kein Verantwortlicher ausmachen ließ. Ein solch ungeordnetes Auftreten von Menschen in größerer Zahl ist nicht hinnehmbar. Jeder loyale Bürger weiß, dass um Erlaubnis zu bitten ist, wenn man gegen die Regierung demonstrieren will. Zumal es für solche Demonstrationen auch gar keinen Grund gibt - schon gar nicht für jene, die dem Aufruf von Genossin Colette bereits gefolgt waren und sich eigener Gedanken entledigten.

Schreckliche Beobachtungen in Aschersleben

Es wurde beobachtet, dass sich bei diesen sogenannten „Spaziergängen“ Menschen mit Migrationshintergrund unter die Demonstranten mischten und sich, welch Ungeheuerlichkeit, friedlich mit diesen unterhielten. Ein fatales Risiko! Ein solches Bild könnte das gepflegte Narrativ einer ausländerfeindlichen Bewegung unterminieren. Deshalb sei das Verbot dieser Spaziergänge nur folgerichtig und ein Akt der Fürsorge für eine Gesellschaft, die klare Feindbilder braucht.

Feierliches Rahmenprogramm lud zum Mitsingen und Mitschunkeln ein

Feierlich umrahmt wurde die Veranstaltung von altbewährten Pionier- und Kampfliedern, die mit ihren ermutigenden Texten an die besten Zeiten staatstragender Einheitsgesinnung erinnerten. Abschließend wurden verdienstvolle Kämpfer*innen für ihre Arbeit symbolträchtig mit roten Nelken ausgezeichnet – wenngleich, wie Frau Genossin Rink in gewohnt strenger Manier betonte, das Fehlen des Halstuchs durch „großzügiges Augen-Zudrücken“ übergangen wurde. Dies werde, das dürfte jedem klar sein, selbstverständlich im Nachhinein kritisch ausgewertet.

Was ist los beim VEB YouTube?

Ein Wehrmutstropfen bleibt jedoch: Trotz meiner hingebungsvollen Bemühungen, das gesamte Video-Transkript der Rede Genossin Rinks hier zu veröffentlichen, bleibt der Volltext unerreichbar. Die Mitarbeiter des VEB YouTube sahen offenbar bisher keine Notwendigkeit, das Video zu transkribieren, was den Eindruck erweckt, als solle die Botschaft dieser wertvollen Lektion der breiten Öffentlichkeit vorenthalten werden. Ein Skandal, dem nur der Staatsratsvorsitzende selbst Abhilfe schaffen kann – möge er handeln, bevor sich weiterhin bedrohliche Eigen-Gedanken in den Köpfen der Bürger einnisten!

Nichtsdestotrotz ist es selbstverständlich eine Pflicht für jeden Straatsgetreuen, die Rede der hochgeschätzten Genossin Colette Rink mindestens einmal und dann jeden Morgen auf's neue anzuhören, um sich von eigenen und möglicherweise sogar gefährlichen Gedanken befreit zu halten.

Verfasser: Maximus Satirikus  |  31.10.2024

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