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Rundumschlag und Vorverurteilungen im Burgenlandkreis nach dem Diebstahl der Stolpersteine in Zeitz


In Zeitz wurden in der Nacht vom 6. zum 7. Oktober 2024 zehn Stolpersteine aus den Fußwegen herausgerissen. So sehr eine solche Tat zu verurteilen ist, so groß ist allerdings auch die reflexartige Reaktion.


Foto: Stadt Zeitz

Viele vermuten sofort Täter in rechtsextremen Kreisen, da Zeitz bei manchen als "braun" verschrien ist. Manche sind sich sicher, dass dies nur eine Tat von Rechten gewesen sein kann. Doch dafür gibt es bisher keine Belege. Es ist durchaus vorstellbar, dass Metalldiebe die Stolpersteine herausgebrochen haben. So ein Stolperstein aus Messing soll ca. 2 Kilogramm wiegen.

Die Stadt Zeitz veröffentlichte am 8. Oktober 2024 eine Pressemitteilung dazu (siehe unten), in der sich Landrat Ulrich, Bürgermeisterin Weber und andere äußern. Es gibt jedoch einige kritische Punkte:

Kontext der Opferzahlen: In der Pressemitteilung wird auf die Opferzahlen des Angriffs der Hamas verwiesen, um den Kontext der Zerstörung der Stolpersteine zu betonen. Der Verweis auf mehr als 1200 getötete Menschen ist zwar faktisch korrekt, jedoch wird nicht auf die aktuelle Situation im Gaza-Konflikt eingegangen, wo die Zahl der Opfer – vor allem Zivilisten – bei weit über 40.000 liegt. Dies könnte als einseitige Darstellung der Gewalt verstanden werden, die die Komplexität der Situation nicht berücksichtigt.

Einseitige Schuldzuweisung: Die Aussagen, die die Zerstörung der Stolpersteine als einen Akt des Terrors und einen Angriff auf die Demokratie darstellen, könnten als zu vereinfacht angesehen werden. Eine differenzierte Betrachtung der verschiedenen Akteure im Konflikt könnte zur Verbesserung des Verständnisses der Gewaltspirale beitragen. Es ist wichtig, die Hintergründe und Motivationen aller Beteiligten zu betrachten, anstatt die Schuld nur einer Seite zuzuschreiben.

Verharmlosung von Gewalt: Es wird betont, dass Gewalt niemals die Lösung sei und dass die Spirale der Gewalt angeheizt wird. Dies ist eine wichtige und richtige Botschaft, jedoch könnte sie durch den einseitigen Fokus auf die Zerstörung der Stolpersteine und die Verweise auf den Holocaust möglicherweise an Bedeutung verlieren, wenn nicht auch die aktuelle Gewalt im Gaza-Konflikt und die dazugehörigen humanitären Krisen erwähnt werden.

Gedenkkultur vs. gegenwärtige Ereignisse: Die Verbindung von historischen Gedenkinitiativen mit aktuellen politischen Ereignissen kann problematisch sein, insbesondere wenn die Realität der gegenwärtigen Gewalt und der humanitären Krise in Gaza nicht gleichwertig behandelt wird. Es könnte den Eindruck erwecken, dass das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus von aktuellen politischen Ereignissen instrumentalisiert wird, ohne die zugrunde liegenden Ursachen der Gewalt zu adressieren.

Auch der Landrat des Burgenlandkreises, Götz Ulrich, wird zitiert: "Das größte Menschheitsverbrechen aller Zeiten muss uns immer Mahnung bleiben, wozu Menschen fähig sind und wozu Deutsche fähig waren." Er war allerdings jener, der während der Pandemiejahre für den Burgenlandkreis die sogenannten "Eindämmungsmaßnahmen" verordnete, was massive Grundrechtseinschränkungen, Ausgrenzung und Diskriminierung bedeutete. Auch die Impfkampagne war ihm wichtig, was zu Todesopfern führte. Eine Aufarbeitung findet bisher nicht statt. Für Kritiker ist die "Pandemie" ebenfalls ein Menschheitsverbrechen, für das sich bisher keiner der Verantwortlichen verantwortlich zeigen will. Es wird vorzugsweise totgeschwiegen. Insofern kann die Äußerung von Landrat Ulrich durchaus als Heuchelei betrachtet werden.

Es wurde zu Spenden aufgerufen, um die Stolpersteine zu ersetzen (siehe unten). Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, doch ein Beigeschmack entsteht dadurch, dass nicht benötigte Spenden dem Simon-Rau-Zentrum in Weißenfels zur Verfügung gestellt werden sollen. Enrico Kabisch, Vereinsvorsitzender des Simon-Rau-Zentrums, sieht sich derzeit mit Anzeigen wegen Verleumdung / Beleidigung und Störung der Friedhofsruhe, unter anderem wegen seiner "Demonstration" am 1. September 2024 auf dem Weißenfelser Friedhof, konfrontiert. Für mich existiert das Simon-Rau-Zentrum auf Facebook nicht. Wenn ich mit meinem Account eingeloggt bin, ist das Facebook-Profil des Simon-Rau-Zentrums für mich vollkommen ausgeblendet / inexistent. Ich vermute, ich war während der Pandemiejahre zu kritisch in Bezug auf die Maßnahmen und die Assoziationen zum Faschismus im Dritten Reich, die sich einfach aufdrängten, und wurde vom Profilbetreuer des Simon-Rau-Zentrums geblockt. Dialog, Meinungsfreiheit, Toleranz wären wünschenswert gerade bei jenen, die Toleranz so vehement einfordern.

Angriff Nummer Zwei - Fortsetzung des Rundumschlags

In der Nacht zum 9. Oktober 2024 soll das Simon-Rau-Zentrum zur Zielscheibe geworden sein. Zumindest schreibt das so die Mitteldeutsche Zeitung. Ein Anwohner habe anti-israelische Parolen gehört und die Polizei gerufen. Steine sollen in Richtung Simon-Rau-Zentrum geworfen worden sein. Ein Schaden ist nicht entstanden. Gegen einen 17-jährigen Syrer, der von der Polizei aufgegriffen wurde, wird nun ermittelt. Es bleibt abzuwarten, was diese Ermittlungen ergeben. Ein bisschen wird versucht, den Terroranschlag von Halle, der am 9. Oktober 2019 stattfand, irgendwie in diese Gemengelage von Unklarheiten einzubringen.

Enrico Kabisch wurde befragt, und die MZ schreibt: "Über mögliche Motive könne er nur spekulieren. In den vergangenen Jahren ist dem Verein und seinen Mitgliedern mehrfach Antisemitismus begegnet. Als ein Beispiel nennt er antisemitische Verschwörungstheorien bei verschiedenen Kundgebungen im Burgenlandkreis. Diese Entwicklung beobachte er mit Sorge. „Was da teilweise auf Demos von sich gegeben wird, ist beängstigend.“"

Es wird also ein Rundumschlag der Vorverurteilung, auch vom Landrat, der zitiert wird, gemacht – von rechts, über Syrer, bis zu jenen, die für Frieden, Grundrechte und Demokratie demonstrieren. Bedenklich, wenn man nicht weiß, wer die wirklichen Täter und deren tatsächliche Motive sind.

Hier werden Vorgänge und mutmaßliche Täter bzw. pauschal Gruppen in einen Kontext zusammengebracht, obwohl es dafür keinen belegbaren Zusammenhang gibt. Eine solche undifferenzierte Betrachtungsweise sollte nicht vertreten werden.

Statement

Alle, die jetzt sofort wieder die Nazi- oder Rassimuskeule gegen mich rausholen wollen: Ich bin weder Nazi, noch Rassist, ich gehöre keiner Religion an. Mein Kredo ist es, allen Menschen auf Augenhöhe zu begegnen - egal ob das die Putzfrau oder der Bundeskanzler ist. Ich bewerte Menschen danach, was sie sagen und tun. Ich nehme mir das Recht heraus, Menschen und Politiker auch zu kritisieren. Und ich bezeichne Dinge so, wie ich sie sehe. Mir ist das Verhältnismäßigkeitsprinzip wichtig. Wenn man die Opfer der Hamas nennt, muss man auch die Opfer der israelischen Regierung in diesem Krieg auf der Seite der Palästinenser in die Betrachtung ebenfalls mit einbeziehen. Und man darf nicht vergessen, dass dieser Konflikt schon viele Jahrzehnte besteht. Solche Konflikte lassen sich nur durch Dialog und dem Willen zu Frieden klären. Dem stehen meist nicht die Menschen entgegen, sondern die Politik aufgrund von Macht- und anderen Interessen.

Politiker, die sich an Verbrechen gegen die Menschlichkeit aktiv beteiligt haben, sind meiner Meinung nach nicht in der Position, sich als Mahner darzustellen, "wozu Menschen fähig sind und wozu Deutsche fähig waren". Die Pandemiejahre haben jedem vor Augen geführt, wozu dieser "Mahner" und viele andere fähig sind. Ich würde sogar behaupten, dass wenn es die allgemeine Impfpflicht durch den Bundestag geschafft hätte und der Wahn weiter dahin gehend eskaliert worden wäre, dass Impfverweigerer in Lager gesteckt und vielleicht sogar zwangsgeimpft hätten werden sollen, der Landrat auch dies auf Landkreisebene unterstützt oder, insofern das in seine Zuständigkeit gefallen wäre, durchgesetzt hätte. Er hätte die Vorgaben unreflektiert befolgt und durchgesetzt, so wie er alle anderen Vorgaben unreflektiert befolgt und durchgesetzt hatte.


Rundgang an die Orte der Stolpersteine

Die Initiative Stolpersteine Zeitz und die Stadt Zeitz laden am Samstag, den 19. Oktober 2024, um 10 Uhr zu einem Stadtrundgang an die Orte ein, an denen die Stolpersteine herausgebrochen wurden. Treffpunkt zum Rundgang ist der Roßmarkt.


Die Pressemitteilung der Stadt Zeitz


Erinnerung an jüdische Opfer mutwillig zerstört – 10 Stolpersteine herausgerissen und entwendet.
Bereits in den 90er Jahren entstand das Stolperstein-Projekt des Künstlers Gunter Demnig, der in Erinnerung an die Deportation von Juden sowie Sinti und Roma eine Farbspur durch die Stadt zog, die den Weg der Deportierten nachzeichnete. Die Farbe verblasste, und so prägte er die Schriftzüge an einigen Stellen in Messing. Dies war die Geburtsstunde der Stolpersteine, die heute in Form eines Pflastersteines, auf denen eine Messingplatte eingelassen ist, an die Vertreibung und Vernichtung der Juden, der Sinti und Roma, der politisch Verfolgten, der Homosexuellen und aller weiteren Euthanasieopfer im Nationalsozialismus erinnern sollen, so dass die Menschen nicht aus dem Gedächtnis verschwinden, sondern lebendig gehalten werden.

In 1265 Kommunen Deutschlands und in einundzwanzig Ländern Europas wurden bereits Stolpersteine verlegt. Auch in Zeitz wird den Opfern des Nationalsozialismus mit 10 eingelassenen Stolpersteinen gedacht. Diese erinnern an Siegfried Fürst, Bertha Mendelsohn geb. Bachmann, Emma Esther Mendelsohn geb. Bachmann, Siegfried Mendelsohn, Dr. Gustav Flörsheim, Hilda Flörsheim geb. Hamburger, Ingeborg Flörsheim, Auguste Lewy geb. Hesse, Hermann Blumenthal und Lydia Blumenthal geb. Weissmann, die in Zeitz lebten und nur weil sie Juden waren, im Nationalsozialismus deportiert und ermordet wurden. Die Gedenksteine wurden dabei an den letzten bekannten Adressen Am Eulengrund 3, in der Kramer Straße 5/6, in der Leipziger Straße 45 und zuletzt im Jahr 2012 am Neumarkt 12 sowie am Roßmarkt 6 eingelassen. Auf den Steinen sind Namen, Lebensdaten und Sterbedatum der Opfer der nationalsozialistischen Herrschaft vermerkt.

Nach bisheriger Erkenntnis wurden alle 10 Stolpersteine in der Nacht vom 6. zum 7. Oktober herausgerissen und entwendet. Neben der Initiative Stolpersteine Zeitz, erstattete auch Bürgermeisterin Kathrin Weber Strafanzeige beim Polizeirevier des Burgenlandkreises Bereich Staatsschutz. „Ich war geschockt, als ich die Nachricht erhielt. Wir als Stadt Zeitz, der gesamte Stadtrat, stellvertretend der Vorstand und die Fraktionsvorsitzenden des Stadtrates und auch ich als Person verurteilen diese unfassbare und unverzeihliche Tat. Vor dem Hintergrund zum Jahrestag des Überfalls der Hamas auf Israel und vor dem Hintergrund, dass hier Gedenkorte geschändet wurden, die an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern, kann man dieses nicht einfach als Diebstahl abtun. Wenn man bedenkt, dass während des 2. Weltkrieges Millionen Menschen verfolgt und ermordet wurden und erst vor einem Jahr mehr als 1200 Menschen beim Angriff der Hamas bestialisch getötet und über 200 Menschen entführt wurden, kann man eine solche Tat nicht verstehen und muss diese als politisch motiviert und als Angriff auf unsere Demokratie betrachten“, so Bürgermeisterin Kathrin Weber.

Ähnlich äußerte sich auch der Vorsitzende des Stadtrates Zeitz, Dr. Ulf Altmann: „Ich habe mit Bestürzung von diesem neuerlichen Akt der Gewalt und Barbarei erfahren. Das Gedenken an die jüdischen Opfer eines unmenschlichen Terrors, begangen auf dem Boden unserer Heimat, begangen durch einen Unrechtsstaat, von Menschen an ihren eigenen Mitmenschen, wird böswillig missachtet und zerstört, zudem genau ein Jahr nach dem schrecklichen Terrorakt der Hamas. Egal, wer letztlich für diese Tat verantwortlich ist, der oder die Schuldigen stellen sich ganz bewusst in eine Tradition der Gewalt gegen wehrlose und unschuldige Menschen. Gewalt wird aber niemals die Lösung von Gewalt sein, sondern deren Spirale nur weiter anheizen. Neben den Ermittlungen der zuständigen Behörden sollte die schnellstmögliche Wiederherstellung der Stolpersteine dabei ein deutliches Signal aussenden. Alle Fraktionen des Stadtrates Zeitz sowie die Stadtverwaltung werden sich in dieser Frage einhellig positionieren, das ist schon jetzt erkennbar. Zeitz wird sich jeglicher Gewalt entschlossen und vereint entgegenstellen.“

Auch die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Zeitz sind sprachlos und wütend über das brachiale und verabscheuende Verbrechen. Anrufe und Mails erreichen die Stadtverwaltung, in denen bereits nachgefragt wird, in welcher Form geholfen werden kann, so dass die Stolpersteine neu angefertigt und an gleicher Stelle eingelassen werden können. Landrat Götz Ulrich hat deshalb kurzerhand ein Spendenkonto eingerichtet und bittet zusammen mit der Stadt Zeitz und der Initiative Stolpersteine Zeitz um Spenden.

Spendenkonto:
Sparkasse Burgenlandkreis
IBAN: DE18 8005 3000 1131 0704 41


Die eingehenden Spenden werden in Abstimmung mit der Stadt Zeitz und der Initiative Stolpersteine genutzt, um die Stolpersteine alsbald zu ersetzen. Nicht benötigte Spenden werden dem Simon-Rau-Zentrum in Weißenfels zur Verfügung gestellt, um die Erinnerungsarbeit an die ehemaligen jüdischen Gemeinden im Burgenlandkreis zu unterstützen. „Diese Tat ist unverzeihlich und niemals zu entschuldigen. Wer dies tut, will auch den Holocaust aus unserer Erinnerungskultur herausreißen. Das größte Menschheitsverbrechen aller Zeiten muss uns immer Mahnung bleiben, wozu Menschen fähig sind und wozu Deutsche fähig waren. Die Steine müssen sofort ersetzt werden. Hierzu werden finanzielle Mittel benötigt. Ich rufe daher auf, für neue Steine zu spenden“, äußert sich Götz Ulrich.

Die Tat macht sprachlos, soll aber nicht dazu führen, dass die Menschen verstummen. Deshalb rufen die Initiative Stolpersteine Zeitz und die Stadt Zeitz am Samstag, den 19. Oktober um 10 Uhr zu einem Stadtrundgang an die Orte auf, an denen die Stolpersteine herausgebrochen wurden. Treffpunkt zum Rundgang ist der Roßmarkt.

Verfasser: Michael Thurm  |  10.10.2024

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