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Tag der Einheit oder Spaltung? Warum die Politik kein Interesse an Frieden hat!


35 Jahre nach dem Mauerfall – ein Tag der Feier, doch die Risse gehen tiefer. Während wir uns an die Wiedervereinigung erinnern, toben Kriege weltweit, und die Spaltung in unserer Gesellschaft wächst. Die Politik fordert bedingungslose Loyalität, doch wer sich nicht fügt, wird zum Außenseiter erklärt. Was läuft schief in unserem Land – und warum scheut die Politik den Frieden?



Morgen jährt sich der Tag der Deutschen Einheit, ein Symbol des Triumphs über die Spaltung. Der Mauerfall vor 35 Jahren schien das Ende des Kalten Krieges und den Beginn einer Ära der Einheit und des Friedens zu markieren. Doch während wir feiern, brennt die Welt. Ein Krieg in der Ukraine, der Nahe Osten steht in Flammen – Israel, Gaza, der Libanon und Iran, alle verwickelt in einen brodelnden Konflikt. Und die Politik? Sie fordert nicht etwa Deeskalation, sondern drängt uns, Stellung zu beziehen – auf ihrer Seite.

Die Spaltung als politisches Mittel

Man könnte meinen, dass die Politik aus der Geschichte gelernt hätte. Doch genau das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Die Rhetorik der kalten Fronten ist zurück, nur dass es heute nicht um Kapitalismus und Kommunismus geht, sondern um die Frage, wer „auf der richtigen Seite der Geschichte“ steht. Wer es wagt, den aktuellen Kurs der Regierung zu hinterfragen, wird schnell als „rechts“, „populistisch“ oder „unsolidarisch“ abgestempelt. Das Muster ist bekannt: Schon während der Corona-Pandemie wurden Kritiker der Regierungsmaßnahmen diffamiert und ausgegrenzt. Nun, da die geopolitische Lage eskaliert, zeigt sich erneut, wie gespalten unsere Gesellschaft ist.

Warum aber hat die Politik kein Interesse an Deeskalation? Die Antwort könnte unangenehm sein: In einer gespaltenen Gesellschaft fällt es leichter, zu regieren. Der „Feind von außen“ oder der „Gefährder von innen“ ist ein bewährtes Mittel, um von internen Problemen abzulenken. Wenn sich die Menschen auf äußere Konflikte oder den ideologischen Kampf konzentrieren, hinterfragen sie weniger die wirtschaftliche Ungleichheit, soziale Ungerechtigkeiten oder die Tatsache, dass der politische Apparat selbst oft die Ursache von Spaltung und Unfrieden ist.

Krieg und Konflikte als Ablenkung und Machtinstrument

Es ist kein Geheimnis, dass Kriege oft mehr der Machtsicherung als dem eigentlichen Frieden dienen. Länder, die sich im Krieg befinden, neigen dazu, ihre Regierungen weniger zu hinterfragen. Patriotische Gefühle werden geschürt, und die Politik kann in Krisenzeiten auf breitere Zustimmung zählen. Doch die Wahrheit ist: Die Menschen wollen keinen Krieg. Sie wollen Frieden, Stabilität und eine Zukunft ohne Angst. Warum aber wird ihnen das verwehrt?

Die Politik profitiert von einem Zustand ständiger Angst und Unsicherheit. Denn nur wer Angst hat, ist bereit, Freiheit aufzugeben – sei es in Form von staatlicher Überwachung, Einschränkung der Meinungsfreiheit oder dem blinden Vertrauen in politische Autoritäten. Solange die Gesellschaft gespalten ist, können Machtstrukturen aufrechterhalten werden. Und solange der „Feind“ – sei er real oder konstruiert – existiert, bleibt die Bevölkerung in einer ständigen Abhängigkeit von der Politik als „Schutzmacht“.

Was können die Menschen tun?

Doch was können wir tun? Müssen wir uns diesem Spiel der Spaltung und Eskalation fügen? Keineswegs. Die Geschichte zeigt, dass Veränderungen von unten kommen können, wenn die Menschen sich zusammenschließen und gemeinsam Druck ausüben. Die Politik wird nicht von allein deeskalieren, solange sie keinen Grund dazu sieht. Der Schlüssel liegt darin, Solidarität über ideologische Grenzen hinweg zu schaffen. Es darf nicht länger heißen: „Bist du für oder gegen die Regierung?“ Stattdessen müssen wir die wahren Probleme benennen – Armut, Ungerechtigkeit, und die Kriege, die von politischen Eliten geführt werden, während das Volk die Konsequenzen trägt.

Eine starke Zivilgesellschaft, die unabhängig von politischen Ideologien für den Frieden eintritt, kann die Politik zur Deeskalation zwingen. Demonstrationen, ziviler Ungehorsam und der Aufbau alternativer Medien sind wichtige Schritte. Es gilt, den Diskurs wieder differenzierter zu führen und nicht in die Falle der simplen Dichotomie von „Gut und Böse“ zu tappen. Denn genau davon lebt die politische Eskalation – von der Vereinfachung komplexer Probleme, um die Gesellschaft in Lager zu spalten.

Rückblende

Vor fünf Jahren, vom 8. bis 10. November 2019, hatte sich die Deutsche Gesellschaft für Systemaufstellungen im Naumburger Dom zu einer Tagung anlässlich des 30. Jahrestags des Mauerfalls versammelt. Diese Tagung war ein tiefgehender Moment der Reflexion über die vielen unausgesprochenen Traumata, die auch heute noch in der deutschen Gesellschaft präsent sind. Besonders in Ostdeutschland sind die Wunden des Mauerfalls und der darauffolgenden Umbrüche bis heute spürbar. Menschen dort tragen oft unterschiedliche Empfindungen und Erfahrungen in sich, die weit über den historischen Moment hinausreichen. Vieles davon sitzt tief und prägt das heutige Verständnis von Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie.


Schaut man sich die aktuellen Wahlergebnisse in Ostdeutschland an, wird deutlich, dass die politische Lage dort anders wahrgenommen wird als im Westen. Viele Menschen in Ostdeutschland sind nicht bereit, der Regierungspolitik blind zu folgen. Sie erkennen Parallelen zu der späten Phase der DDR: Ein politischer Sprech, der mit der Realität nur wenig gemein hat, und eine Verzerrung der Wirklichkeit, die zu wachsendem Unmut führt. Wie damals sind es die Bürger, die die Kluft zwischen politischen Erzählungen und ihrer Lebensrealität spüren – und die Parolen der Regierung kritisch hinterfragen. Dies zeigt, dass das Versprechen der Einheit in vielen Bereichen noch immer unerfüllt bleibt.

In den Reden zum Tag der Deutschen Einheit werden sich sicherlich wieder viele Politiker selbst beweihräuchern, Erfolge verkünden, aber auch Probleme benennen - Probleme, die sie selbst verursacht haben, allerdings anderen dafür die Schuld zuweisen. Und sie werden sich wieder als Problemlöser darstellen, denen die Menschen einfach nur vertrauen und folgen sollen.

Die Macht des Volkes

Am Tag der Deutschen Einheit sollten wir uns daran erinnern, dass Einheit nicht nur ein leeres Symbol ist, sondern eine Aufgabe. Eine gespaltene Gesellschaft ist leicht zu kontrollieren – doch eine geeinte, die für den Frieden eintritt, ist eine Kraft, die Veränderungen erzwingen kann. Wir dürfen uns nicht länger in die Rolle von Schachfiguren drängen lassen, die blind den Vorgaben der Mächtigen folgen. Stattdessen müssen wir die Verantwortung übernehmen, uns für einen differenzierten, friedlichen Dialog einzusetzen und die Politik dazu zu zwingen, ihre Eskalationsstrategie zu überdenken. Denn der Frieden liegt in unseren Händen – wenn wir uns trauen, ihn zu erkämpfen.

Verfasser: Angelika Müller  |  02.10.2024

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