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Täuschung und Verschleierung: Das wahre Gesicht der Strukturwandel-Millionen!


Am 26.06.2024 demonstrierten Kritiker des IKIG (Interkommunales Gewerbegebiet) vor dem Rathaus in Lützen.

Die Bürgerinitiative (BI) und die Naturschutzverbände von Nabu, NaturFreund und BUND hatten einen kleinen Erfolg zu verzeichnen: Der Beschluss zum Beitritt der Stadt Lützen zum Zweckverband für die Entwicklung des IKIG wurde nach einer Stunde Diskussionen vom Bürgermeister der Stadt Lützen, Herr Weiß, aus den Tagesordnungspunkten der Stadtratssitzung genommen.

Redebeitrag des BUND zu den Demos in Teuchern und Lützen gegen das Interkommunale Industrie- und Gewerbegebiet (IKIG) an der A9 und B91

Liebe Mitstreiter, Betroffene und Interessierte,

falls in den Redebeiträgen und Presseveröffentlichungen der Eindruck entstanden ist, dass es bei den Betroffenen der IKIG-Planungen nur um Landwirte, Bodeneigentümer, Naturschutzverbände und Anwohner unmittelbar angrenzender Kommunen wie Nessa bzw. Zorbau geht, dem ist leider nicht so. Betroffen von dieser unsinnigen und verwerflichen Planung sind alle Bewohner des Landkreises, ob unmittelbar oder mittelbar.



Es geht um ein nur scheinbar reichhaltiges Füllhorn, aus dem sich Verantwortliche in der Landkreisverwaltung und in den Kommunen (Landrat und Bürgermeister) bedienen und mit der Schaffung neuer Posten/Pöstchen auch bedienen. Leider aber mit einem gewaltigen Pferdefuß für die Kommunalfinanzen dahinter, deren Folgen unsere Kinder und Enkelkinder auszutragen haben, wie nachfolgend noch zu erläutern ist.

Bei diesem Füllhorn handelt es sich um den Strukturfonds zur Bewältigung des Strukturwandels, der nach viel Geschrei von kommunaler und Landesebene vom Bund mit Zusagen auch für den BLK in Höhe von vielen Millionen gefüllt und teilweise bereits ausgereicht wurde. Gedacht war er für die vom Strukturwandel (Kohlegewinnung und Kohleverstromung) betroffenen Regionen in der Lausitz und im Mitteldeutschen Revier. Erste hohe Beträge gingen leider vielfach in überhaupt nicht vom Strukturwandel betroffene Regionen. Gerade sogenannte Sofortmaßnahmen zeigen, in welchem Ausmaß diese finanziellen Mittel an den wirklich Betroffenen, den Mitarbeitern von Bergbauunternehmen und den Kommunen mit ihren Bürgern und Gewerbetreibenden, vorbeigelenkt wurden. Zur Erinnerung: Es gehört zu diesen Prestigeprojekten der Naumburger Dom, aber auch Projekte weitab vom Landkreis und Revier wie der Wörlitzer Park. Allen gemeinsam sind die mangelnden bzw. fehlenden Ideen für sinnvolle und die Menschen in der Region erreichende Projekte.



Die mit viel Getöse erreichte Millionenzusage muss nun auch im BLK irgendwie ausgegeben werden. Dass ausgerechnet eine schon längst begrabene Idee nach einem riesigen Industrie- und Gewerbegebiet entlang der A9 wiederbelebt wird, ist schon absonderlich. Man ist ja schon vor ca. 15 Jahren zur Erkenntnis gelangt, dass eine solche, völlig am Bedarf vorbeigehende Planung für den Landkreis zur immensen Belastung wird. An dieser Situation hat sich nichts geändert; immer noch gibt es im Landkreis viele ungenutzte, aber ausgewiesene, nicht bebaute Reserveflächen. Darüber hinaus gibt es noch viele Industriebrachen in allen vier am IKIG beteiligten Kommunen.

Deshalb drängt sich geradezu die Frage auf, was auf uns Bürger zukommt, nachdem die zweckgebundenen Fördermillionen ausgegeben sind – falls es sie überhaupt angesichts der Staatsverschuldung in der angedachten Höhe geben sollte.



Genau dazu wurden im Stadtrat WSF Fragen gestellt und vom Leiter der Strukturkommission, Herr Zschukelt, beantwortet:

Wird erwartet, dass das Land oder der Bund zusätzlich zu den zugesagten Investitionen solche Betriebskosten und mögliche Schulden über Jahre komplett übernimmt?
Dazu ein klares Nein, nicht über Mittel des InvKG (Strukturwandelgelder), möglicherweise gibt es andere Möglichkeiten der Haushaltskonsolidierung. Wenn dies nicht der Fall ist, dazu keine Antwort! Möglicherweise kommt dann die Insolvenz von Landkreis und Kommunen, auf jeden Fall ein Abbau von Leistungen jeglicher Art für die Bürger der betroffenen Kommunen und des Landkreises.

Gibt es ein Szenario für den Fall, dass der Bund von seinen Förderzusagen Abstand nimmt bzw. diese drastisch reduziert?
Die klare Antwort lautet "nein", ein solches Szenario hat der Landkreis nicht.

Wenn schon die Finanzierung solche Schwächen offenbart, haben anscheinend praktische Fragen bisher keine Rolle gespielt. Industrieansiedlungen wie in Zeitz, Leuna, Buna und Bitterfeld bedürfen einer speziellen Infrastruktur wie Abwasserbehandlung, Trinkwasser- und Energieversorgung. Es sind grundsätzliche Probleme, für die Lösungsansätze vorhanden sein sollten. Alles auf später zu verschieben, wenn detaillierte Planungen vorliegen (wie es der Bauamtsleiter der Stadt WSF sieht), erhöht das Risiko unkalkulierbarer Betriebskosten, die letztlich zu Lasten aller Bürger gehen.

Was uns allen bisher offeriert wird, sind mehr oder weniger Hirngespinste in Form einer Vorreiterrolle des BLK bei Wasserstofftechnologien mit millionenschweren Leitungstrassen, aber ohne konkrete Anwendungen aufzuzeigen, wenn man von der bis zu viermal teureren Umstellung auf H2-Antriebe bei Bussen oder Mülltransportern absieht. Wirkliche Vorreiter wie der Chemiepark Leuna haben diesbezüglich ihre Aktivitäten auf ein Mindestmaß heruntergefahren und hängen keinen solchen Träumen nach.

Leider will der Burgenlandkreis von solchen Problemen nichts wissen und drängt mit aller Macht die beteiligten Kommunen, deren Verwaltungen und die gewählten Vertreter dazu, jegliche Risiken zu ignorieren und ohne Problembewusstsein solche weit in die Zukunft reichenden Entscheidungen zu treffen. Eine längst schon angekündigte Machbarkeitsstudie wird den gewählten Vertretern bisher vorenthalten, warum wohl? Sie sollen quasi die "Katze im Sack" kaufen, dies hat mit Transparenz und Bürgernähe nicht das Geringste zu tun. Dabei scheut man auch vor der Wahl zweifelhafter Mittel nicht zurück. Gerade das Beispiel der Einheitsgemeinde Teuchern zeigt dies anschaulich.



Im März dieses Jahres beschloss der Stadtrat eine Ergänzung und Änderung seines Flächennutzungsplanes, der dann zur Stellungnahme an Träger öffentlicher Belange, darunter hiesige Naturschutzorganisationen (BUND, Nabu und NaturFreunde), ging. Offizielle Begründung war, eine Korrektur an alten Bestandsplänen der vormals eigenständigen Ortsteile zur Wohngebietsausweisung vornehmen zu wollen. In Wirklichkeit aber, ganz versteckt in einer umfangreichen, aber inhaltlich äußerst mangelhaften Stadtratsvorlage, finden sich zwei kleine Hinweise auf eine Erweiterung des FNP um 178 Hektar, genau jene Flächen, die Teuchern für das IKIG beisteuert (also fast 50%). Wollte man die gewählten Vertreter hinters Licht führen? Es hat fast den Anschein, als ob diese seitenlange, aber inhaltsleere Vorlage genau diesen Zweck erfüllen sollte. Der Aufmerksamkeit von Mitgliedern der BI und Verbänden ist dies Gott sei Dank nicht entgangen.

Entsprechende Vorberatungen in der Einheitsgemeinde Teuchern und zur heutigen SR-Sitzung wurden abgesetzt. Dem Bürgermeister Marcel Schneider ist nur zuzustimmen, dass solch schwere (und sicher folgenreiche) Entscheidungen nicht so im Handumdrehen vom alten Stadtrat beschlossen werden sollten. Es soll sich also nach seiner Konstituierung der neue SR damit beschäftigen. Hoffen wir, dass dies mit der notwendigen Sorgfalt geschieht und sich diese Flächenausweisung nicht nochmal irgendwo zwischen den Zeilen versteckt wiederfindet. Keinesfalls sollten die Negativbeispiele von HHM und dem Kreistag sich in Teuchern bzw. Lützen wiederholen. Ich bin mir sicher, dass die BI ein wachsames Auge darauf werfen wird.

Neben den genannten unkalkulierbaren Kosten, die auf uns Bürger mit diesem IKIG zukommen werden, scheint es so, als ob jegliche Vernunft den Verantwortlichen, beispielsweise denen in der Nachbargemeinde WSF, abhandengekommen ist. Plant man hier auf der westlichen Seite der A9 bereits ein weiteres Gewerbegebiet "Am Sandberg" mit einer Größe von 35,3 Hektar. Und dies auf ebenso hochwertigen Ackerböden wie um Nessa/Zorbau und noch dazu im Trinkwasserschutzgebiet "Langendorfer Stollen". Auch hier besteht kein wirklicher Bedarf dafür, angesichts ausreichender Industriebrachen, und ohne grundsätzliche Klärung von Finanzierung, Infrastruktur und den notwendigen Arbeitskräften. Eine Sache, die mit nur einer Gegenstimme den Stadtrat WSF passiert hat, ohne sich Gedanken über mögliche Folgen zu machen.

Wir werden auf jeden Fall zu IKIG und zum Gewerbegebiet Sandberg unseren Finger auf die zu kritisierenden Sachverhalte legen und die Rücknahme dieser unsinnigen Planungen fordern! Leider hat es momentan eher den Anschein, dass ein Scheitern von IKIG eher seine Ursachen in der dümmsten aller bisherigen deutschen Regierungen haben wird, wie es Sahra Wagenknecht zu Recht von der Rot/Grün/Gelben Ampel sagte. Neben dem schlimmsten Wirtschaftsminister aller Zeiten, der unsere Wirtschaft ins Bodenlose versinken lässt, gehören zerrüttete Finanzen zu deren Bilanz. Ob es in Deutschland, wenn es weiter so bergab geht, den Strukturfördermitteln an den Kragen geht, bleibt abzuwarten. So oder so werden unsere Kinder und Enkelkinder noch an den wirtschaftlichen und finanziellen Folgen zu knabbern haben. Schwerer wiegen allerdings die Folgen von weiteren ungebremsten Bodenversiegelungen auf Flächen mit den fruchtbarsten Böden der Welt mit ihrer unwiederbringlichen Zerstörung unserer Lebensgrundlage, der Lebensmittelproduktion durch die Landwirtschaft.

Danke, Wolfgang Gotthelf, stellv. Vors. der BUND Kreisgruppe BLK

Die Mitteldeutsche Zeitung veröffentlichte zur Demonstration in Lützen einen Artikel mit der Überschrift Gegenwind für Gewerbegebiet - Proteste vor dem Rathaus in Lützen zielen auf das wichtigste Strukturwandelprojekt des Burgenlandkreises. Weshalb der Stadtrat danach eine wichtige Entscheidung dazu vertagt hat.

Video über die Demo in Teuchern gegen das IKIG am 18.06.2024




Verfasser: Wolfgang Gotthelf  |  vor dem 01.07.2024

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