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Wer rettet die Ukrainer vor der deutschen Politik?


Die Rufe in der Politik nach einer Rückführung von wehrfähigen Ukrainern werden lauter.



Zahlreiche Flüchtlinge aus der Ukraine, die dem Krieg dort entkommen wollten, wurden in Deutschland aufgenommen und werden im Gegensatz zu Flüchtlingen aus anderen Ländern bevorzugt behandelt. Sie erhielten Bürgergeld und durften sofort arbeiten, wenn sie eine Anstellung fanden. Flüchtlinge aus anderen Ländern erhalten geringere Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und dürfen erst arbeiten, wenn ihr Status anerkannt ist, was viele Monate dauern kann.

Doch nun scheint sich der Wind für die Flüchtlinge aus der Ukraine zu drehen. Stimmen aus der CDU/CSU fordern, dass Ukrainer, die keiner Arbeit nachgehen, in die Westukraine zurückkehren sollen, da es dort sicher sei. Andernfalls sollen sie nur noch Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten.

Die Politik befindet sich offensichtlich in einem Dilemma. Wer die Situation in der Ukraine beobachtet, weiß, dass die russischen Truppen langsam, aber stetig vorankommen. Die ukrainischen Truppen sind bestenfalls in der Defensive und müssen sich zunehmend zurückziehen. Der Ukraine fehlt es an Soldaten, um dem entgegenzuwirken.

Der Druck zur Rückkehr ukrainischer Flüchtlinge wurde von der ukrainischen Regierung bereits erhöht. Ukrainern in Deutschland sollen keine wichtigen Dokumente wie Reisepässe in der ukrainischen Botschaft ausgestellt werden. Sie müssten dafür in die Ukraine reisen. Es ist ziemlich klar, dass gerade wehrfähige Personen nicht mehr aus der Ukraine ausreisen können und zum Kampf an der Front eingezogen werden. Es gibt Quellen, die besagen, dass Soldaten mit nur kurzer militärischer Ausbildung eine geringe Überlebenschance an der Front haben.

Aus den Reihen der CDU/CSU kommen zunehmend Ideen zur Rückführung von Ukrainern. Friedrich Merz hält das Bürgergeld für Ukrainer für einen Fehler. Der Brandenburger Innenminister Michael Stübgen hat Bürgergeld für ukrainische Geflüchtete generell als falsch bezeichnet - er lehnt die Zahlung an Ukrainer im wehrfähigen Alter ab. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt will ukrainische Flüchtlinge ohne Arbeit zurückschicken.

Was könnten die Gründe für diesen Stimmungswechsel sein?


Möglicherweise fühlt sich die CDU/CSU durch die letzten Wahlergebnisse bestärkt. Andererseits sieht es im Bundeshaushalt nicht rosig aus. Die Ausgaben sind hoch, für Rüstung soll mehr ausgegeben werden, die Ukraine soll weiterhin mit Waffen unterstützt werden. Hinzu kommt die Wirtschaftslage in Deutschland mit anhaltend negativem Trend.

Wer auf die SPD oder Grünen setzt, könnte eines Besseren belehrt werden. Zwar sagte Bundeskanzler Scholz bei der Aufbaukonferenz für die Ukraine: "Der beste Wiederaufbau ist der, der gar nicht stattfinden muss". Das Land brauche Waffen und Munition. Doch um diese Waffen zu bedienen, braucht es Soldaten. Mit Langstreckenraketen lassen sich zwar Ziele im Hinterland angreifen, einnehmen und besetzen lassen sich Gebiete aber nur mit Bodentruppen. Wenn man bereits über einen Wiederaufbau spricht, setzt dies voraus, dass die ukrainische Regierung ihre Ziele irgendwann erreicht hat, nämlich dass sämtliche von Russland besetzte Gebiete zurückerobert wurden. Auch dies ist nur mit Soldaten möglich.

Der Einsatz von nicht-ukrainischen Truppen wird bisher weitgehend abgelehnt, um nicht offiziell in den Krieg mit Russland einzutreten oder den NATO-Verteidigungsfall auszurufen. Denn dies könnte den Einsatz von Atomwaffen nach sich ziehen. Die Bundeswehr ist nicht besonders gut aufgestellt, um bewaffnete Konflikte tatsächlich führen zu können.

Folglich kann dies nur bedeuten, dass der Druck durch die Politik auf die geflüchteten Ukrainer erhöht wird. Der nächste Schritt könnte die Herabstufung des Bürgergeldes auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sein. Außerdem könnten die Verwaltungen Leistungen verweigern, wenn den betroffenen Ukrainern die notwendigen Dokumente fehlen. Die Politik und Verwaltung können dann selbstverständlich immer behaupten, dass sie sich nur an die Gesetze halten.

Wie werden jene reagieren, die sich bisher um die Ukrainer gekümmert haben?


Ich gehe davon aus, dass die Politik gar nicht anders handeln können wird, als die Rückführung (Remigration) von Ukrainern anzugehen. Dies würde mehrere Probleme gleichzeitig lösen. Der deutsche Staatshaushalt wird entlastet, es müssen weniger Menschen in Wohnungen untergebracht werden und die ukrainische Regierung kann ihre Truppen aufstocken, damit der Krieg weitergeht.

Für die betroffenen Menschen dürfte dies alles andere als positiv sein.

Mir stellt sich die Frage, wie jene reagieren werden, die sich bisher um die geflüchteten Ukrainer gekümmert haben. Werden sie auf die Straße gehen, um zu demonstrieren, dass Ukrainer nicht zum Kampf an der Front gezwungen werden? Oder werden sie mehr oder weniger mit den Schultern zucken und erklären, dass die Gesetze eben so sind und eingehalten werden müssen – auch wenn dies den Tod jener bedeuten kann, die hier durchaus ins Herz geschlossen wurden?

Die Helfer von ukrainischen Flüchtlingen sind meist im Lager derer zu verorten, die während der Pandemiejahre nicht gegen die von der Regierung verhängten Maßnahmen demonstriert oder diese kritisiert hatten. Sie waren damals auf „Regierungslinie“, weil es immer hieß, dass Menschenleben zu retten sind. Sie hatten teilweise in diesem Jahr auch im Burgenlandkreis zusammen mit Landrat und Bürgermeistern der CDU, SPDlern, Linken und Kirchenvertretern gegen Rechts demonstriert. Doch wie würde es hinsichtlich der Ukrainer aussehen? Wird man sich dann gegen die Regierungslinie, gegen die CDU, SPD, Grüne, FDP positionieren, um ukrainische Menschenleben zu retten, oder wird man tatenlos zusehen, weil die Gesetze eben so sind?

Ich weiß, dass jetzt der eine oder andere sagen wird, dass sich Putin nur aus der Ukraine zurückziehen müsse. Jedem mit gesundem Menschenverstand dürfte klar sein, dass dies aufgrund der Geschichte mindestens seit 2014 und der aktuellen Lage illusorisch ist. Putin hatte kürzlich ein Friedensangebot gemacht, was vom Westen allerdings zurückgewiesen wurde. Auch die deutsche Politik, die Ampelregierung will demnach keinen Waffenstillstand zum Wohle der Menschen und um Menschenleben zu retten.

Insofern sich keine anderen Wege zur Beendigung dieses Konflikts auftun, dürfte die logische Konsequenz sein, dass geflüchtete wehrfähige Ukrainer in die Ukraine zurück und dem Kampf an der Front zugeführt werden, damit der Krieg weitergeht, zumal die Bundesregierung der Ukraine für die Jahre 2025 bis 2028 Waffenlieferungen zugesagt hat. Wenn also keine NATO-Länder-Truppen zum Einsatz kommen sollen, wird die ukrainische Regierung dahingehend unterstützt werden müssen, in absehbarer Zeit wehrfähige Ukrainer in die Ukraine abzuschieben. Es ist nur die Frage, wie das der Bevölkerung in der üblichen Salamitaktik verkauft wird.

Wer wird die Ukrainer vor der deutschen Politik retten – oder dies zumindest versuchen?

Verfasser: Michael Thurm  |  vor dem 01.07.2024

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