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Stadträte: Denn sie wollen nicht, dass man weiß, was sie tun!


Die Stadtratssitzung in Weißenfels am 7.11.2024 war in Teilen doch sehr merkwürdig. Man könnte auch sagen, sie war bezeichnend für die Situation in Deutschland und das "Demokratie-Verständnis" einiger Politiker.

HINWEIS: DAS VIDEO DER STADTRATSSITZUNG MUSSTE AUFGRUND EINER E-MAIL EINER ANWALTSKANZLEI IM AUFTRAG DES STADTRATES OFFLINE GENOMMEN WERDEN. MEHR DAZU HIER!

HINWEIS 2: DAS VIDEO WURDE WIEDER ÖFFENTLICH ZUGÄNGLICH GEMACHT. DEN GRUND DAFÜR LESEN SIE HIER!


Es war wohl die allererste Stadtratssitzung, die in dieser Form auf Video aufgezeichnet wurde, und das hat bei einigen Stadträten Unbehagen verursacht. So wurde an mich der Wunsch herangetragen, einige Stadträte, die zu Beginn der Stadtratssitzung ihr Handzeichen gegeben haben, aus dem Video herauszuschneiden. Dabei handelt es sich merkwürdigerweise um die komplette Riege der CDU sowie um drei Mitglieder der SPD und Herrn Horst Ziegler. Zur Orientierung für das Herausschneiden wurden mir folgende Namen übermittelt: Christopher Hesselbarth, Beatrix Schierhorn, Michael Spengler, Angela Braune, Beate Schlegel, Walter Wolter, Heidi Föhre, Jana Loth, Mike Koch-Frischleder, Jörg Riemer, Sandy Scheunpflug, Ekkart Günther, Silke Krause, Johannes Kunze und Dr. med. Burcin Özüyaman sowie besagter Horst Ziegler (Fraktion BfW/Landgemeinden).

Ich habe mich rechtlich kundig gemacht, da es durchaus einen Konflikt zwischen dem öffentlichen Interesse und den Persönlichkeitsrechten der Stadtratsmitglieder geben kann. Die Rechtsprechung ist sich jedoch dahingehend einig, dass das öffentliche Interesse die Persönlichkeitsrechte gerade in solchen öffentlichen und politischen Veranstaltungen überwiegt. Ich habe folglich nichts herausgeschnitten.

Es ist wieder einmal sehr erstaunlich, dass gerade jene, die Anfang des Jahres im Schulterschluss gegen rechts, gegen die oft als undemokratisch bezeichnete AfD, für die Demokratie demonstriert hatten, sich für eine wehrhafte Demokratie stark machen, erklären, dass die Demokratie verteidigt werden müsse, in der Stadtratssitzung ein solch undemokratisches Verhalten zeigen, indem sie offenlegen, dass sie an Transparenz – einem wichtigen Grundpfeiler der Demokratie – kein Interesse haben. Der Bürger, der Wähler – manche würden auch sagen, der Souverän – soll demnach nicht wissen dürfen, was wer im Stadtrat gesagt hat.

Zu Herrn Jörg Riemer ist anzumerken, dass er das Amt des Schulleiters der berufsbildenden Schulen Burgenlandkreis inne hat. Im Schulgesetz von Sachsen-Anhalt heißt es in §1 zum Thema Erziehungs- und Bildungsauftrag: Der Auftrag der Schule wird bestimmt durch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und die Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt. Grundgesetz und Landesverfassung scheinen Jörg Riemer jedoch nicht vorrangig wichtig zu sein.

Weiter heißt es im Schulgesetz: In Erfüllung dieses Auftrages ist die Schule insbesondere gehalten,
die Schülerinnen und Schüler zur Achtung der Würde des Menschen, zur Selbstbestimmung in Verantwortung gegenüber Andersdenkenden, zur Anerkennung und Bindung an ethische Werte, zur Achtung religiöser Überzeugungen, zu verantwortlichem Gebrauch der Freiheit und zu friedlicher Gesinnung zu erziehen,
die Schülerinnen und Schüler auf die Übernahme politischer und sozialer Verantwortung im Sinne der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vorzubereiten


Es darf sich jeder seine eigenen Gedanken hinsichtlich der Befähigung zur Ausübung des Postens eines Schulleiters durch Herrn Jörg Riemer machen. Angemerkt sei ebenfalls, dass Jörg Riemer am 14.10.2024 erklärte, dass er sich in der damaligen Kreistagsausschusssitzung durch meine Diskussion mit dem Landrat gestört gefühlt hatte, als der Landrat untersagte, diese öffentliche Sitzung in Bild und Ton aufzuzeichnen. Es hat sehr den Anschein, dass Pressefreiheit und Öffentlichkeit nicht zum "Demokratie-Verständnis" mancher politisch Tätiger gehören.

Einladung an alle Demokratie-Versteher

Der aufmerksame Bürger hat wahrscheinlich nicht erst seit der Ausrufung der "Pandemie" mitbekommen, dass sich in der politischen Kaste nicht wenige Personen finden, die sich anschicken – ich wollte jetzt nicht anmaßen schreiben – den Wähler, den Bürger, den Souverän, also erwachsene Menschen, erziehen zu wollen oder sogar zu dürfen. Hier und da scheint die Auffassung zu sein, dass man, weil man in ein politisches Amt gewählt wurde, über die Köpfe der Bürger hinweg relativ nach Belieben bestimmen kann.

Es ist aber sehr leicht möglich, die gewählten Vertreter in Stadt- und Gemeinderäten sowie Kreistagen zu Demokratie zu erziehen. Alles, was es bedarf, sind Videoaufzeichnungsgeräte.

Ich lade hiermit alle Demokratie-Versteher ein, es mir gleichzutun, zumal ich nicht überall sein kann. Begebt euch in die öffentlichen Sitzungen von Ausschüssen, Gemeinde- und Stadtratssitzungen sowie Kreistagssitzungen und zeichnet diese komplett auf – vorzugsweise ungeschnitten. Solche unbewerteten, unkommentierten und nicht eingeordneten Dokumentationen sind die beste Art des Journalismus, weil sich jeder, der sich dies dann anschaut, seine eigene Meinung bilden kann.

Es sollte angemeldet werden, dass die jeweilige Sitzung aufgezeichnet wird. Das kann z.B. per E-Mail erfolgen, oder man geht vor Beginn der Sitzung zum Sitzungsleiter und meldet die Aufzeichnung der Sitzung an.
Wichtig: Es handelt sich dabei um eine Anmeldung und nicht um einen Antrag oder eine Bitte um Erlaubnis. Es bedarf folglich auch keiner Genehmigung, und die Aufzeichnung darf auch nicht untersagt werden. Sollte dennoch eine Untersagung erfolgen, sollte dies selbstverständlich z.B. hier öffentlich gemacht werden und auch rechtliche Schritte können dagegen eingelegt werden.

Falls nach einem Presseausweis gefragt wird, kann demjenigen die provokante Frage gestellt werden, ob wir uns denn wieder in Zeiten des Dritten Reiches oder der DDR befinden, in denen ein Presseausweis notwendig war, um journalistisch tätig zu sein. Ein Presseausweis ist in der BRD eben keine Voraussetzung. Man sollte sich diesbezüglich auch nicht einschüchtern lassen.

Solche Aufzeichnungen können auf dem Kanal der Bürgerstimme oder auch auf dem jeweils eigenen Kanal veröffentlicht werden. Diese Aufzeichnungen sind eine gute Basis für weitere Artikel, zumal der Videobeweis vorliegt.

Also nicht verzagen: Mehr Demokratie wagen!

Demokratie lebt vom Mitmachen. Das wird ja auch immer gern von jenen erklärt, die dann eigentlich kein Mitmachen, keine Transparenz und keine Bürgerbeteiligung wollen. Doch lasst uns sie beim Wort nehmen. Und wenn wir, die Demokratie-Versteher, beharrlich bleiben, wird es uns gelingen, jene mit einem zuweilen eingeschränkten Demokratie-Verständnis zu mehr Demokratie zu erziehen.

Verfasser: Michael Thurm  |  08.11.2024

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